1000 Chilis, 6 Frauen und ich: Beim Sichuan-Kochkurs in Beijing

Was früher eher Mama und Oma vorbehalten war, ist heute total en vogue: Kochen. So richtig selbst. Mit Herd und Töpfen und so. Dabei war es noch nie so einfach wie heute. Dank Chefkoch.de, dem größten Sammelsurium von Koch-Know-how seit Miraculix, muss man seine Oma nie wieder nach Rezepten fragen. Auch verbringt man nicht mehr Stunden damit, Supermärkte nach Zutaten abzuklappern und sie anschließend auch noch richtig abzumessen. Nein, heute gibt es fertig rationierte Pakete inklusive detaillierter Kochanleitung.

Auch ganz groß im Kommen: Kochkurse. Die werden sogar von Leuten besucht, die früher nicht mal einen Pfannkuchen hinbekommen hätten. Wie ich zum Beispiel. Und das auch noch in China.

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Auf meiner Chinareise im April ging ich also tatsächlich einer Empfehlung nach und besuchte in Peking einen Kochkurs bei einer Institution namens The Hutong.
Neben Unternehmungen wie Fahrradtouren oder Tee-Workshops bieten die Macher verschiedenste Kochkurse zu regionalen Gerichten aus den verschiedensten Provinzen des Landes an: von home-made Tofu und Shanxi-Nudeln über Kantonesisch und Sichuan-Style bis hin zu Kursen über chinesische Backkunst – ja, so was können die Chinesen tatsächlich auch, mehr oder weniger gut.
Meine Wahl fiel schließlich auf einen Kochkurs zum Thema Sichuan-Küche, was sich hinsichtlich meiner Neigung zur scharfen Küche als sehr getroffen herausstellen sollte.

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Erst einmal war es gar nicht so einfach, den Veranstaltungsort zu finden. Es handelt sich um eine kleines Haus, das versteckt im Labyrinth der Hutongs liegt – das sind die engen Gassen, in denen bis in die 1990er Jahre hinein der Großteil der Bevölkerung Beijings wohnte und die peu à peu abgerissen wurden, um modernen Hochhäuserkomplexen zu weichen. Heute werden die kleinen, eingeschossigen Häuschen dieser Bezirke oft fälschlicherweise als Hutong bezeichnet – und ein solches beherbergt dieser Tage eben auch das Culture Exchange Center „The Hutong“.

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Dort angekommen trafen die Kursteilnehmer – es war eine kleine Gruppe aus fünf Frauen und mir – auf unsere Kochlehrerin, eine junge Chinesin die überraschend gut Englisch sprach. Chinesen mit guten Englischkenntnissen, geschweige denn guter Aussprache, sind selbst in Peking eher selten anzutreffen.

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Gemeinsam betraten wir eine Küche, die uns sofort sympathisch war. Denn sie war aufgeräumt, hell und sauber. Und auch das heutige Vorhaben las sich vielversprechend: Sichuan La Zi Ji mit Fragrant fish flavoured fried eggplant und Sichuan flavoured lettuce stem salad. Das frisch ausgedruckte Rezept, das wir später auch mit nach Hause nehmen durften, lag hübsch aufbereitet in einem liebevoll gestalteten Umschlag neben einem massiven Schneidebrett an jedem Arbeitsplatz. Jeder hatte einen eigenen Arbeitsplatz, schließlich soll man hier ja was lernen.

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Daneben lang jeweils ein riesiges Messer, oder besser gesagt ein Hackebeil, mit dem wir sofort anfingen, eifrig das Gemüse zu zerhackten. Zu meiner Überraschung wurde ich von der Köchin für meine Schneidefertigkeit gelobt. Und das von einer Chinesin… hört hört!

Natürlich schnippelten wir nicht einfach so vor uns hin, im Gegenteil: wir bekamen dabei jede Menge Tipps beigebracht, wie man mit dem Messer richtig umzugehen hat. Der Trick beim Schneiden mit einem chinesischen Beil besteht zum Beispiel darin, die Fingerspitzen der Hand, die das zu Schneidende festhält, nicht auszustrecken, sondern die ersten Fingerglieder einzuknicken. So wetzt das Messer bestenfalls die Fingerknöchel entlang und kann die Fingerkuppen gar nicht erwischen.

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Auch lernten wir nach und nach die Zutaten kennen. Und damit die vermeintliche Hauptzutat: Chilischoten. Und zwar zu Hunderten! Natürlich wäre kein Kursteilnehmer auf die Idee gekommen, dass die Schoten, die eine riesige Schüssel füllten, tatsächlich alle in die Pfanne kommen. Die Sichuan-Küche ist scharf, schon klar, aber so scharf? Auf unsere hastige Nachfrage hin, schenkte uns die Köchin jedoch nur ein weises Lächeln. Soviel dazu.

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Dann ging es an die Woks. Jeder durfte mal ran, einer nach der Reihe und die anderen reichten die Zutaten an. Hierbei lernten wir auch die nächsten Tricks und Kniffe: zum Beispiel kontrolliert man die Temperatur des Öls, indem man einen Chopstick senkrecht in den Wok hält. Bilden sich um ihn herum Bläschen, ist das Öl heiß genug und man kann die ersten Zutaten hinzugeben. Ja, und wer richtig schlau ist, nimmt dafür keinen Plastik-Chopstick.
Was ich mir für die Zukunft auch merken werde: den richtigen Umgang mit Auberginen. Um das enthaltene Wasser vor dem Anbraten loszuwerden, legt man sie nämlich in kleinen Stücken in kaltes Wasser. Dort saugen sie sich zunächst wie ein Schwamm voll, woraufhin man sie ganz leicht ausdrücken kann.
Und auch beim Anbraten gibt es einen kleinen Trick: So gibt man sie in dem Moment ins heiße Öl, wenn dieses leicht dampft, aber noch nicht raucht. Denn nur dann hat es genau die richtige Temperatur und die Auberginen saugen das Öl nicht nur fröhlich auf, sondern werden schön knusprig.

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Gegen alle Erwartung war das Essen nach kaum 10 Minuten Brutzeln auch schon aufgetischt und wir konnten essen. Zu unser aller Überraschung, war es keineswegs zu scharf – im Gegenteil, es war genau richtig und schmeckte auch noch richtig gut. Die Chilischoten werden vorher entkernt und getrocknet mitgebraten. Danach dienen sie eher zur Deko und Aromageber, aber werden nicht mitgegessen.

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Fazit: Vom Sichuan-Kochkurs hab ich viel mitgenommen. Von der super angenehmen Atmosphäre mal abgesehen, weiß ich nun, wie dosiert man Sichuanpfeffer benutzt, was für unzählige Essig-Sorten es gibt und wie man mit einem Küchen-Beil und sechs Frauen in der Küche so richtig umzugehen hat.
Zuhause in Deutschland hab ich mir mit meinem Mitbringsel trotzdem gleich mal anständig in den Finger geschnitten.

Den Dumplings-Kochkurs hab ich für meine nächste Reise nach Beijing schon fest eingeplant. Bis dahin vertraue ich trotzdem lieber den Rezepten meiner Oma. Wer weiß, vielleicht bin ich ja bald mal derjenige, der ihr eines beibringt.

HARD FACTS
Veranstalter: The Hutong, 1 Jiu Dao Wan Zhong Xiang Hutong, Beijing, China 北京东城区九道湾中巷1号
Anreise: Das Häuschen befindet sich ganz in der Nähe von Grandma’s Kitchen im Shique Hutong. Von dort den Pfeilen folgen. Bei Anreise mit der Bahn: EXIT C der U-Bahn-Station Xin Qiao auf Linie 5 (北新桥地铁 东南角 出口 C 石雀胡同).
Kosten: etwa 30 Euro
Dauer: 2,5 – 3 Stunden
The Hutong Website 

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  1. Reiseblog says:

    Alter Falter, das klingt echt scharf – das würde ich gerne mal kosten! 🙂

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  2. It looks great! Can’t wait to make it to Beijing this fall. The plan is to relocate there and stay for a year or so, very exciting stuff!

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    • Clemens says:

      What a great idea! Would love to so the same actually. Because you can do great trips from from Beijing as a base: the Wall, Hong Kong, Lhasa…

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  3. margit says:

    Mein Traumurlaub, Kochkurs oder besser Kochkurse in China mit Besuch auf den lokalen Märkten.
    Ich hoffe eines Tages meinen Traum leben zu dürfen.

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    • Clemens says:

      Na wärst bist du in China genau richtig Margit! Da gibt es Kochkurse on masse. Sogar welche, wo du morgens die Zutaten selbst auf dem Markt besorgst und dann später unter Anleitung kochst.

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